Baunachbarrecht
Das sowohl private als auch öffentliche Nachbarrecht ist schon bei der Beantragung bau- oder immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen zu beachten, und zwar dies zuvörderst im Interesse des Bauherrn:
Nachbarrechte dürfen nicht verletzt sein, soll das Vorhaben genehmigungsfähig sein. Selbst wenn die Genehmigungsbehörde verletzte Nachbarrechte zunächst nicht bemerken und die Genehmigung gar erteilen sollte, müssen Nachbarrechtsverletzungen frühzeitig erkannt und anschließend durch Verhandlungen mit den Nachbarn oder Änderung des Verfahrensgegenstands ausgeräumt werden. Eine auf Nachbaranfechtung aufzuhebende Genehmigung nützt dem Bauherrn schlussendlich nichts.
Wird die erteilte Genehmigung durch Nachbarn (oder auch drittbeteiligte Behörden, die Gemeinde...) angefochten, sind die Erfolgsaussichten der Nachbaranfechtung zu prüfen. Zumal bei wirtschaftlich bedeutsamen Genehmigungen kommt eine rechtsgutachtliche Stellungnahme in Betracht, dass die Drittanfechtung unzulässig und / oder unbegründet ist. Auf der Grundlage einer solchen Stellungnahme, für deren Richtigkeit der Rechtsanwalt die Haftung übernimmt, kann das Vorhaben bei ggf. zu beantragender sofortiger Vollziehbarkeit der Genehmigung schon vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens in die Tat umgesetzt werden. Dabei ist - womöglich über mehrere Instanzen - an Verfahrenslaufzeiten von fünf oder mehr Jahren zu denken...
Abgesehen von privaten Nachbarrechten (z.B. unzulässige Vertiefung des Baugrundstücks im Sinne des § 909 BGB) ist die auf die Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften gestützte Nachbaranfechtung nicht schon bei jeder objektiven Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung erfolgreich. Über die Rechtswidrigkeit hinaus ist zusätzlich erforderlich, dass die verletzte Rechtsnorm zugleich eine „subjektiv-öffentliche", d.h. nachbarschützende Vorschrift des öffentlichen Rechts ist. Das ist längst nicht bei allen Rechtsvorschriften der Fall. Beispielsweise sind naturschutzrechtliche Vorschriften, aber auch Bebauungsplanfestsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung in aller Regel nicht nachbarschützend.
Nachbarschützend sind demgegenüber meist Bebauungsplanfestsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, die Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, immissionsschutzrechtliche Schutznormen oder die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften (in Hamburg nur sehr eingeschränkt). Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB) müssen auch bei Abweichungen von nicht nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts „nachbarliche Interessen" beachten.